Kleben statt sprayen

Wie ein Haufen Berliner mit Tape Kunst macht, die cooler ist als dein letzter Clubbesuch

Berlin ist voll mit Dingen, die kleben bleiben: schlechte Entscheidungen, Techno-Flyer an Ampelmasten, und jetzt auch: Kunst aus Klebeband. Ja, richtig gelesen. Kein Banksy-Kitsch, keine Spraydose, kein QR-Code zu einem NFT. Einfach Tape. Und ein paar Typen, die daraus verdammt gute Kunst machen.

„Tape That“ heißt das Berliner Kollektiv, das seit über zehn Jahren beweist, dass man mit Rollen voller Gaffa mehr reißen kann als nur Kabel fixieren. Die Idee: Wände, Fenster, ganze Räume in geometrische Spielplätze verwandeln – mit Linien, Flächen, Farben, manchmal millimetergenau, manchmal komplett eskaliert. Sie nennen das Tape Art. Und ja, das ist ein echtes Ding


Kunst, die wie eine Afterhour aussieht

Wenn man die Werke von Tape That sieht, denkt man zuerst: „Ah, das könnte auch ein neuer Club in Neukölln sein.“ Und das ist kein Diss. Ihre Installationen haben was Architektonisches, was Kinetisches – wie Bauhaus auf Acid. Du stehst plötzlich in einem Raum, der aussieht, als hätte sich ein Vektorprogramm betrunken.

Die Jungs – u. a. Malte Spindler und Felix Rodewaldt – haben mit Tape in verlassenen Shoppingmalls in Bangkok gearbeitet, Hotel-Lobbys zu Sci-Fi-Gängen gemacht und sogar für Adidas oder Google Räume zu 3D-Wundertüten verwandelt. Aber ihr Zuhause bleibt Berlin. Hier kleben sie sich durch Galerien, Clubs und zwischendurch einfach an kahle Hauswände.

Keine SprĂĽhdose, kein Stress?

In einer Stadt, in der Streetart oft Grauzone ist (legal, illegal, scheißegal), wirkt Tape erstmal harmlos. Es ist abziehbar, zerstört nix, und wirkt fast schon höflich. Aber genau da liegt der Twist: Tape That schafft es, mit einem „braven“ Medium richtig laut zu sein. „Wir wollten was machen, das nicht gleich kaputtmacht oder Ärger zieht – aber trotzdem auffällt“, sagt Malte in einem Interview. Und ja: Es fällt auf. Es knallt.

Es ist Kunst ohne Kippe, aber mit Charakter. Und die Message: Kunst braucht kein großes Budget, kein feines Atelier, nicht mal einen Pinsel. Nur eine Idee und ein paar Rollen Tape aus’m Baumarkt.

„Ist das Kunst oder kann das weg?“

Gute Frage, wenn man auf einer Berliner Straße plötzlich vor einem knallblauen Muster steht, das gestern noch nicht da war. Oder in einer Galerie, wo du dich fragst: „Wie haben die das ohne Lineal hingekriegt?!“ Die Antwort: verdammt viel Geduld, Vorplanung und millimetergenaues Arbeiten. Was auf Instagram wie ein fresher Glitch-Effekt aussieht, ist oft tagelange Klebearbeit. Rückenschmerzen inklusive.

Und das Publikum? Mischt sich. Streetart-Fans nicken zustimmend, Kunstleute aus der Akademie kratzen sich am Kinn, und normale Leute sagen: „Cool. Und das ist wirklich nur Tape?!“

In einer Stadt, in der sich täglich alles ändert – Mieten, Clubs, Lieblingsspätis – wirkt Tape Art fast wie ein Statement: flĂĽchtig, aber eindrĂĽcklich. Manche Werke bleiben nur ein paar Tage. Andere werden gefeiert, fotografiert, geteilt – und verschwinden dann wieder. Wie eine gute Nacht, die niemand geplant hatte.

Das ist vielleicht das Beste an Tape That: Sie wollen gar nichts für die Ewigkeit schaffen. Nur was, das hängenbleibt – im Kopf. Und vielleicht auch am Fensterrahmen.

Fazit: Tape That ist wie Berlin, ein bisschen krumm, aber sehr klar

Tape That macht Kunst für eine Generation, die sich eh nie sicher ist, wo sie morgen wohnt. Es ist DIY, es ist international, es ist Instagram-tauglich, ohne dumm zu sein. Und es macht Räume schöner, ohne den Wert zu verdoppeln.

Also nächstes Mal, wenn du durch Berlin streunst und plötzlich Linien über eine Wand fließen siehst, bleib kurz stehen. Vielleicht klebt da gerade jemand eine Idee fest.

Willst du sie stalken?
👉 @tapethatcollective auf Insta
👉 www.tapethatcollective.com

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